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Behornung der Heidschnucken

Bei den grauen gehörten Heidschnucken tragen beide Geschlechter Hörner, die allerdings von unterschiedlicher Form und Funktion sind: Bei den weiblichen Tieren sind die Hörner klein, spitz, im Querschnitt linsenförmig und deshalb sichelförmig nach hinten gebogen. Sie sind kein unnützes Anhängsel sondern dienen dazu, Konkurrentinnen mit seitlichen Stichen von Nahrungsquellen zu vertreiben. Dies lässt sich häufig an der Futterrinne oder der Heuraufe beobachten, wenn die Tiere gefüttert werden und sich gegenseitig die besten Plätze streitig machen. Bei den männlichen Tieren sind die Hörner deutlich größer und breiter, im Querschnitt dreieckig und deshalb wie ein Schneckenhaus nach hinten gewunden. Beim Kampf um die besten Plätze an der Futterrinne werden die Hörner – wie bei den Auen – zum Vertreiben der Artgenossen für seitliche Stiche verwendet. Die Hauptfunktion der Behornung der Böcke besteht jedoch darin, frontale Kopf-auf-Kopf Zusammenstöße bei der Festlegung der Herdenhierarchie und dem Kampf um weibliche Tiere abzufangen.  Je größer und stärker die Behornung ist, desto größer sind die Chancen, solche Kämpfe zu gewinnen. Zusätzlich wird die Form und Größe der Hörner als sekundäres Geschlechtsmerkmal der Tiere diskutiert. Weibliche Tiere sollen männliche Tiere – zumindest in großen Herdenstrukturen – auch an Hand der Hornstruktur auswählen. Bei anderen Hornträgern (Kühen) ist auch bekannt, dass die Hörner die Silhouette der schlecht sehenden Tiere verändern und es den Tieren so ermöglicht wird – durch Drohgebärden und eine vergrößerte Silhouette –  Rangstreitigkeiten weitgehend kampflos zu beenden.

Als Waffe zur Verteidigung werden die Hörner der Schafe, die grundsätzlich Fluchttiere sind, nur in Ausnahmesituationen eingesetzt, wenn das Tier „in die Enge“ getrieben wurde und nicht mehr flüchten kann.

Da nur Wiederkäuer Hörner tragen, wird zusätzlich zu den bereits beschriebenen Funktionen der Hörner auch von einer Rolle der Hörner im Stoffwechsel der Wiederkäuer ausgegangen. Dies ist allerdings umstritten.

Bei der meist anzutreffenden Haltung der Heidschnucken auf Koppeln oder Wiesen in Kleingruppen von 10 bis 20 Muttertieren und einem Bock treten Rangstreitigkeiten zwischen den Tieren nur noch selten auf. Meist zwischen den Nachwuchsböcken und dem Deckbock. Wegen des großen Alters- und vor allem Gewichtsunterschiedes sind derartige Streitigkeiten meist durch Drohgebärden und selten durch sehr wenige Kopfstöße ausgetragen. Werden allerdings – warum auch immer – zwei annähernd gleichstarke Böcke in Gesellschaft von Mutterschafen zusammen gehalten, so kann es durchaus zu sehr heftigen Kämpfen kommen, die – falls der unterlegene Bock keine ausreichende Flucht- oder Rückzugsmöglichkeit hat – in schweren Verletzungen oder sogar dem Tod eines der Tiere enden kann. Das dürfte allerdings eine seltene Ausnahme sein, so dass bei der vorherrschenden Haltungsform davon auszugehen ist, dass eine Funktion der Hörner als sekundäres Geschlechtsmerkmal ebenso ausgeschlossen werden kann, wie ein Einsatz der Hörner in Ritualkämpfen. Damit fehlt der natürliche Selektionsdruck und der Herdbuchzüchter übernimmt diese Rolle, indem er Tiere mit der gewünschten Hornstruktur und Hornmorphologie auswählt.

Bei der Bewertung der Behornung von grauen gehörnten Heidschnucken sind neben den ästhetischen Ansprüchen des Züchters auch noch die ursprünglichen Funktionen des Hornes zu berücksichtigen, so dass sich die nachfolgende Liste an Bewertungskriterien erstellen lässt:

  1. Die Vorfahren der Heidschnucken, die Mufflons, tragen sehr große und kräftige Hörner mit einem Durchmesser der deutlich größer ist als die Länge des Kopfes. Eine derartige Behornung ist nicht nur majestätisch anzusehen, sondern bietet auch einen guten Schutz des Kopfes vor frontalen oder seitlichen (lateralen) Kopfstößen anderer Böcke. Für freilebende Schafe konnte allerdings gezeigt werden, dass die Lebensdauer der Böcke negativ korreliert ist mit der Größe der Hörner. Je größer die Hörner, desto geringer die Lebensdauer, was vermutlich auf den zahlreichen, energieverbrauchenden Kämpfe dieser Tiere beruht. Die Hörner der männlichen Heidschnucken sollten deshalb so groß und kräftig sein, dass sie die teilweise kräftigen Stöße der Artgenossen (frontal und lateral) abfangen können, ohne dass das Tier dabei Schaden nimmt. Angestrebt wird somit eine kreisrunde Hornschnecke mit einem Durchmesser, der etwa der Länge von Hornansatz bis Nasenspitze entspricht.
  2. Um frontale Treffer mit den Hörnern abfangen zu können (Beim Kampf nehmen die Böcke mehrere Meter Anlauf um dann im Sprung von leicht oben den Gegner frontal am Kopf zu treffen), ist es notwendig, die Hörner in einem Winkel von ca. 90° am Kopf anzusetzen. So lässt sich eine große „Trefferfläche“ mit der Basis der kräftigen Hörner erreichen. Ausgeprägte Schmuckringe verhindern dabei ein Abrutschen der Hörner beim Aufprall. Mit Erreichen der vollständigen Drehung der Hornschnecke kommt es zu einer weiteren Verbreiterung der „Trefferfläche“, die den Kopf des Tieres somit auch effizient vor Stößen schützt, die nicht genau frontal auftreffen sondern in der Hitze des Gefechtes ungenau platziert werden.
  3. Schafe sind Fluchttiere. Um potenzielle Gefahren rechtzeitig erkennen zu können, ist ein uneingeschränktes Gesichtsfeld notwendig. Deshalb muss die Hornschnecke so am Kopf angebracht sein, dass die Sichtachsen (Seiten, Vorne) nicht beeinträchtigt sind. (Natürlich darf die Hornschnecke auch nicht in den Kopf einwachsen). Dies wird erreicht, wenn der Mittelpunkt der Hornschnecke sich leicht hinter und unterhalb des Ohrenansatzes befindet (in der Seitenansicht). Alternativ muss es möglich sein, aus der leicht nach vorn veränderten Ansicht das Auge des Tieres in den Mittelpunkt der Hornschnecke ohne Sichteinschränkung zu bringen.
  4. Das Horn ist eine Ausbildung der Haut (die Hornscheide), in die ein stark durchbluteter und innervierter Knochen hineinwächst (Knochenzapfen), der mit der Stirnhöhle verbunden ist. Das Horn wächst lebenslang in kleinen Schüben, die sich pro Jahr in 8 bis 14 sog. Schmuckringen auf der Hornscheide deutlich erkennen lassen. Die gleichmäßige Form und Beschaffenheit dieser Schmuckringe erlaubt dem Herdbuchzüchter die Beurteilung der Entwicklung des jeweiligen Tieres. Bei ausreichendem Nahrungsangebot und dem Fehlen von Krankheiten bilden sich sehr schöne, gleichmäßige Schmuckringe, bei Mangelerscheinungen werden die Ringe kleiner und zierlicher. Angestrebt werden deshalb gut ausgeprägte Schmuckringe.

 

Perfekte Symmetrie im Gehörn eines mit 9/9/9 bewerteten G1-BockesPerfekte Symmetrie im Gehörn eines mit 9/9/9 bewerteten G1-Bockes

Sehr schöner Jährlingsbock mit sehr guter HornscneckeSehr schöner Jährlingsbock mit sehr guter Hornscnecke

Freie Sichtachsen bei ausgeprägter BehornungFreie Sichtachsen bei ausgeprägter Behornung

Sehr gute Behornung mit gut sichtbarem, freiem BlickfeldSehr gute Behornung mit gut sichtbarem, freiem Blickfeld

Sehr gute, starke Behornung mit großer AngrifsflächeSehr gute, starke Behornung mit großer Angrifsfläche

Das perfekte Gehörn eines 2,5 Jahre alten Zuchtbockes (G1 8/9/9)Das perfekte Gehörn eines 2,5 Jahre alten Zuchtbockes (G1 8/9/9)