Beschreibung und HerdbuchzuchtDie besondere Bedeutung der Landschafrassen, zu denen auch die graue gehörnte Heidschnucke gehört, liegt in ihrer einzigartigen Fähigkeit, auch bei einem schlechten Futterangebot, wie es beispielsweise auf geringwertigen Böden oder unter schlechten Umweltverhältnissen zu finden ist, noch gut bis sehr gut zu gedeihen. Durch jahrhundertelange Selektion auf besonders genügsame Tiere haben sich die Landschafe somit zu Spezialisten entwickelt, die noch unter Bedingungen gehalten werden können, bei denen andere Nutztiere - oder auch andere Schafe - nicht mehr gehalten werden können. Während die kleine hornlose Heidschnucke (Moorschnucke) sich mit ihrem sehr geringen Gewicht (früher 20 bis 30 kg) und den gegen Feuchtigkeit sehr unempfindlichen Klauen an die Umweltbedingungen in Moorlandschaften perfekt angepasst hat, hat sich die graue gehörnte Heidschnucke an die trockenen, sandigen Heidelandschaften der Lüneburger Heide mit harten Klauen, einem vergleichsweise geringen Gewicht, grober Wolle, korrektem Fundament und ausgezeichneter Marschfähigkeit angepasst. Ganzjährige, tagelange und ausgedehnte Wanderungen auf sandigem Untergrund bei schlechtem Wasser- und Futterangebot haben auch dazu geführt, dass die genügsamen Heidschnucken – natürlich in Abhängigkeit von den Haltungsbedingungen - nur selten Zwillingsgeburten zeigen, da das Wasser- und Futterangebot der Heidelandschaften nur selten dazu ausgereicht haben, mehrere Lämmer gleichzeitig erfolgreich aufzuziehen. Auch wenn andere Schafrassen durchaus auch zur Landschaftspflege geeignet sind, wie sich bei der Beweidung von Deichen an der Nordseeküste durch Texelschafe eindrucksvoll zeigen lässt, wird man – je ungünstiger die landschaftlichen Bedingungen werden – vermehrt auf alte Landschafrassen zurückgreifen müssen. Entsprechend stellen Landschafrassen nicht nur ein erhaltenswertes Kulturgut im touristischen Sinn bei der Pflege von z.B. Heidelandschaften ohne direkten nennenswerten wirtschaftlichen Nutzen dar, sondern beinhalten, wegen der einzigartigen Anpassung, auch einen erhaltenswerten Genpool, aus dem historisch betrachtet die heutigen Intensivschafrassen gezüchtet wurden. Trotz der unbestrittenen Vorteile, die Landschafe gegenüber Intensivschafrassen besitzen, geraten Landschafe in eine zunehmende Existenzbedrohung, die sich im Wesentlichen in den nachfolgenden Faktoren begründet:
Unter Berücksichtigung der teilweise noch immer zunehmenden Existenzbedrohung der Landschafe ist die Haltung dieser anspruchslosen und schönen Tiere durch Herdbuchzüchter oder „Hobbyzüchter“ uneingeschränkt zu befürworten. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass durch diese Form der Haltung und Zucht (gutes Futterangebot, geringer Selektionsdruck, Winterstallung etc.) die Überlegenheit genügsamer und widerstandsfähiger Tiere nicht mehr zu Tage tritt und somit Heidschnucken gezüchtet werden, die ihre ursprünglichen Merkmale verlieren, zunehmend größer und schwerer und damit z.B. für die Landschaftspflege weitgehend ungeeignet werden. Unterstellt man spekulativ, dass die Intensivrassen durch weitere „Hochzucht“ zunehmend anspruchsvoller und empfindlicher werden, so kann es zukünftig nötig werden, Intensivschafrassen mit alten Landschaftsrassen rück zu kreuzen, um ggf. verlorene Eigenschaften wieder hervorzubringen. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn die benötigten Eigenschaften noch erhalten sind. Entsprechend ist Sorge zu tragen, dass der Genpool der alten Landschaftsrassen in seiner ursprünglichen Form (möglichst rein) erhalten wird. Die Selektion auf Heidschnucken die mehr als 90 kg wiegen (Böcke) oder die Selektion auf Auen, die zu Mehrlingsgeburten neigen, ist deshalb z.B. abzulehnen. |
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